Einblicke in das Arbeitsfeld
Informationsgestaltung
und Typografie

am Fachbereich Design
der Fachhochschule Münster
von Hartmut Brückner
im Hauschild Verlag

Insights into the field
of "Information Design and Typography"

at the Department of Design at the University
of Applied Sciences Münster
by Hartmut Brückner
published by Hauschild

 

Studentische Arbeiten,
entstanden als gestalterische Übungseinheiten oder Leistungsnachweise,
verschwinden in der Regel, wenn sie ihren Zweck
erfüllt haben, zuerst in den Schubladen und dann aus dem Gedächtnis.
Einige erfahren vielleicht noch einmal eine Würdigung, wenn sie ausgezeichnet und veröffentlicht
werden, obwohl Informationsgestaltung für die Show kommerzieller Design-Wettbewerbe wenig geeignet
ist und die ästhetischen Aspekte der Arbeiten nicht isoliert von ihren Inhalten betrachtet werden können. Informationsgestaltung
dient in erster Linie der korrekten Vermittlung seriöser Inhalte. Korrekt und aus gestalterischer Sicht auch schön waren viele Arbeiten, die ich in den letzten Jahren als Projekt- oder Diplomarbeiten betreuen durfte.
Diese Publikation macht es möglich, die Schubladen noch einmal zu öffnen und einige dieser außergewöhnlichen Leistungen einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Es werden Problemlösungen vorgestellt, deren Ziel Klarheit und Verständlichkeit ist. Die unabdingbare Notwendigkeit fundierter Recherchen und präziser gestalterischer Umsetzung ist für
die Studierenden kein Hinderungsgrund, sich für
zeitaufwendiges, inhaltsbezogenes, ästhetisch anspruchsvolles Arbeiten
zu begeistern. Sie sind motiviert und engagiert, haben persönliche Interessen
und Vorlieben in die Arbeit
eingebracht und sind den Dingen auf den Grund gegangen.
Sie haben in New Yorker Archiven recherchiert,
bei Handwerksmeistern in Japan hospitiert, sich
monatelang mit Bergbau, Linguistik, Eisenbahnwesen oder Krebsforschung beschäftigt, stiegen in die Großstadtkanalisation, dokumentierten ihre eigene
Knieoperation oder waren bei Obduktionen dabei;
und sie haben einfach die Stadt, in der sie leben, zum Thema intelligenter Studien gemacht. Bei fast allen Arbeiten sind die Studenten auch selbst die Autoren
der Texte. Das Arbeitsfeld Grafik-Design wird so um eine journalistische Komponente erweitert und neue Aufgabenfelder für die Zukunft ins Auge gefasst.

Hartmut Brückner

Once they have fulfilled their purpose, student projects, originating as graphic exercises or term projects,
tend to disappear, first into
desk drawers and then from memory. Perhaps some regain brief recognition if they are awarded a prize and are published, although information design is not particularly suited for the show effect underlying commercial design competitions and the esthetic aspects of the projects cannot be viewed in isolation from their contents. The first priority of information design is the correct communication of serious subject matter. Many projects for which I acted as project or diploma advisor during recent years were correctly carried out and also met esthetic criteria. This publication enables us to open those desk
drawers once again and to make some of these extraordinary achievements available to an interested public.
Solutions to problems are presented whose goals are quality and comprehensi-
bility. The absolute necessity
for thorough research and precise translation in terms of design do not prevent students from working enthusiastically on time-consuming, content-oriented and esthetically demanding projects. Such students are highly motivated and involved, express their own interests and preferences and delve deeply into the very essence of their projects. They have consulted archives in New York, have done internships with master craftsmen in Japan, have spent months immersing themselves into mining, linguistics, railroads, or cancer research, have entered city sewer systems, documented their own knee operations
or attended autopsies, and they have taken the city where they live as the subject of intelligent studies.
In almost all cases the students served as their own authors. Thus the field of information design takes
on a journalistic aspect and new areas of activity emerge for the future.

Hartmut Brückner

Informationsgestaltung Information Design

Zum Verständnis der unterschiedlichen Begriffe und Auslegungen im Design-Bereich soll hier unsere Auffassung von Informationsgestaltung angesprochen
werden. Information Design wird in den USA oft dem Bereich Informatik und Computertechnologie zugeordnet, was wir machen, wird dort als Information Graphics bezeichnet oder treffender als Information Architecture, ein von Richard Saul Wurman schon in den 1970er Jahren geprägter Begriff. Also sagen wir es, wie es ist und was
wir wirklich tun: Informationen gestalten. Das ist die visuelle Aufbereitung von Daten und Fakten mit dem Ziel, einer Nutzergruppe optimales Verstehen und Orientieren zu ermöglichen - Informationen also für
Menschen brauchbar zu machen.
Informationsgestaltung
ist intensive Denkarbeit und intelligente Visualisierung auf anspruchsvollem formalem Niveau. In jeder Phase muss die Gestaltung erklärt und begründet werden
können. Die Mittel sind
verständliche Konzepte und Darstellungsformen wie
Diagramme, Sach- und
Wissenschaftsillustrationen sowie eine klare, präzise Typografie.
Die Richtigkeit der Aussage hat eindeutig Priorität vor der Ästhetik des Resultats. Informationsgestaltung
ist interdisziplinär und medienübergreifend. Immer wieder müssen die Gestalter ausloten, was Gestaltung
als ein seriöses Vermittlungsmedium leisten kann.
Deshalb interessieren
uns grundsätzliche Fragen:
Wie nimmt der Mensch Informationen auf und auf welche Weise verarbeitet
er sie? Wie liest er? Wie lernt er? Wie orientiert
er sich an fremden Orten?
Wie reagiert er in unterschiedlichsten Situationen? Und was können Informationsgestalter in der Zukunft zu optimalen Problemlösungen beitragen?

In order to understand
various concepts and interpretations in the field of design, we present our understanding of information design. In the USA information design is often considered part of computer science and technology; these activities are designated as "Information Design" or, more precisely, as
Information Architecture",
a concept forged by Richard Saul Wurman as early as
the 1970s. So let us come right down to what it is that we really do: we form or design information. This means the visual processing of data and facts. Our goal is to enable the user to understand and find his way - that is, allow the viewer to use information. Information design requires intensive intellectual effort and intelligent visualization on a high formal level. Design must
be explicable and justifiable at all phases. Its tools are comprehensible concepts in the form of representation such as diagrams, scientific illustrations as well as clear, precise typography. Accuracy always takes priority over esthetics.
Information design is interdisciplinary and cuts across media. Time and again the designer must test the limits of his work to see whether
it is in fact an adequate mediator. That is why we
are interested in basic
questions: how do people grasp information and how do they process it? How
do they read? How do they learn? How do people find their way in unfamiliar
surroundings? How do they react to various situations? And how can information designers best contribute to solving problems in the future?


Das Bedürfnis, Erfahrungen und Erkenntnisse festzu-
halten, mit visuellen Mitteln zu erklären und weiterzugeben, ist wahrscheinlich so alt wie die Menschheit.
Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass man sich erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts mit der visuellen Vermittlung von Information und Wissen professionell auseinandersetzt.
Wissenschaftler und Ingenieure begannen, statistische Daten und komplexe Sachverhalte in Form von Grafiken und Diagrammen zu verdeutlichen, um auf internationalen Kongressen
und Tagungen die Verständigung zu erleichtern. Es setzte eine wahre Diagrammeuphorie ein.
Einer der Pioniere dieser Zunft war Charles Joseph Minard(1781-1870),
Ingenieur und Dozent an der École Nationale des Ponts
et Chaussées in Paris.
Sein berühmtes historisches Diagramm von Napoleons verheerendem Russlandfeldzug (1812/13) ist bis
heute ein Meisterstück der Informationsvermittlung.
Auf einen Blick erhält
der Betrachter hier Auskunft über die geografische
Situation, den Zeithorizont und die rapide abnehmende Personalstärke der Armee durch die Verluste in der Schlacht. Ein zusätzliches Temperaturdiagramm zeigt eindrucksvoll, dass auf
dem Rückzug bei arktischer Kälte besonders das Durchqueren von Flüssen zu
sehr hohen Verlusten in der verbliebenen Truppe führte.
Mit über 400000 Soldaten
begonnen, kehrten von
diesem grausamen Feldzug knapp 10000 zurück.


The need to capture experience and knowledge, to explain and pass it on by visual means is probably as old as mankind itself. It is
all the more astounding that visual mediation of information and knowledge was
not attempted professionally until the mid 19th century. Scientists and engineers began to clarify statistical data in complex relationships by using graphics and diagrams in order to facilitate understanding at international congresses and meetings. Euphoric use of diagrams broke out. One of the pioneers in this respect was Charles Joseph Minard
(1781-1870), an engineer and instructor at the École Nationale des Ponts et Chaussées in Paris. His most famous historical diagram
of Napoleon's catastrophic retreat from the Russian campaign (1812/13) remains a masterpiece of information transmittal.
At a glance the viewer is provided with information on the geographic conditions, the time frame and the rapidly decreasing number of soldiers due to battle casualties. An additional temperature diagram impressively demonstrates that especially the fording of rivers at arctic temperatures led to high losses among
the troops retreating from Moscow. Of the initial
over 400000 troops, barely 10000 returned from that gruesome campaign.

Minards grandiose
Visualisierung von
Napoleons Russlandfeldzug
ist 1869 entstanden.
Minard's grandiose
visualization of Napoleon's Russian campaign was
created in 1869.


Der Wiener Sozialwissenschaftler Otto Neurath
(1882-1945) war ein Pionier der systematischen Informationsvermittlung durch Bildzeichen. Sein erklärter Anspruch war es, mit klaren grafischen Darstellungen komplexe Sachverhalte
und statistische Daten zu vermitteln, um das Bildungs-
niveau der Arbeiterklasse
zu heben und so eine demokratisierung des Wissens zu erreichen. Er war davon überzeugt, dass besonders bildhafte Darstellungen
zum Erlernen und Verstehen geeignet waren: "Worte trennen, Bilder verbinden." Weiter wollte er mit der Schaffung einer standardisierten Bildsymbolik ein pädagogisches Instrument zur Aufklärung schaffen.
Nach den Anfängen in den 1920er Jahren perfektionierte er gemeinsam mit dem Düsseldorfer Grafiker Gerd Arntz (1900-1988)
diesen Anspruch und schuf die "Wiener Methode der Bildstatistik". Soziale, medizinische und wirtschaftliche Probleme wurden so auf Schautafeln im von Neurath initiierten "Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum" in Wien gezeigt, oder auf
Wanderausstellungen den Menschen im Land zugänglich gemacht.
Im politischen Exil in den Niederlanden und England führte er seine Arbeit fort und entwickelte "Isotype", das "International System of Typographic Picture Education". Oft wird behauptet, Otto Neurath sei der Erfinder der Piktogramme. Das war er sicherlich nicht, er war Wissenschaftler und kein Gestalter. Aber als Initiator hat er die grafischen Arbeiten kritisch begleitet, die zum großen Teil Gerd Arntz entworfen und formal immer wieder verfeinert hat.
Otto Neuraths bedeutende Leistung besteht darin,
das Prinzip einer standardisierten Bildsprache als
Visualisierungswerkzeug für intelligente, klare Informations- und Wissensvermittlung entwickelt zu haben. Seine Methode übt noch heute großen Einfluss auf Informationsgestalter
in aller Welt aus.

The Viennese social scientist Otto Neurath (1882-1945) was a pioneer of systematic representation of information via pictogram. He presented complex relationships and statistics with
the stated aim of raising the educational level of the working classes and thus achieving democratization of knowledge. He was convinced that pictorial representation was particularly suitable for learning and understanding: "Words divide, pictures unite." Furthermore he envisioned
an educational instrument
in his creation of a standardized graphic symbolism.
Following his initial attempts in the 1920s, together with Gerd Arntz (1900-1988), a graphic designer from Düsseldorf, he further refined
his goals and invented the Viennese Method of Pictorial Statistics". Social, medical and economic problems were displayed on charts at the Museum for Society
and Economics founded by Neurath in Vienna, or in exhibitions traveling throughout the country.
During political exile in Holland and England he continued to develop "Isotype", the "International System of Typographic Picture Education". It is often claimed that Otto Neurath invented the pictogram.
This was not so; he was a scientist and not a designer. But with the critical eye
of the inventor he continued to follow the graphic development of pictograms, which to a large extent had been designed and continuously refined by Gerd Arntz. Otto Neurath's important achievement was the
development of the principle of a standardized visual
language whose goal was intelligent transmittal of information and knowledge. His methods continued to influence information design worldwide.


Piktogramme aus den 1920er Jahren, von Neuraths
Grafiker Gerd Arntz in Linol geschnitten.

Pictograms from the
1920s, cut in linoleum by Neurath's designer
Gerd Arntz.

Als Harry Beck (1903-1974) 1931 seine ersten Skizzen für den wegweisenden
Londoner U-Bahn-Plan zeichnete, war der 29jährige arbeitslos. Nur auf Zeit als technischer Zeichner bei London Transport angestellt, war er aufgrund der
schlechten wirtschaftlichen Lage entlassen worden.
In Eigeninitiative beschäftigte er sich mit der immer
komplexer werdenden Darstellung des stetig expandierenden U-Bahn-Netzes.
Bisher basierten die Pläne
auf einer geografisch
exakten Darstellung des Streckennetzes. Die schnelle Ausdehnung in entfernte Londoner Außenbezirke ließ die Pläne jedoch in unpraktikable Dimensionen anwachsen. Beck verließ in
seinen Versuchen die klassische kartografische Form.
Er entwarf ein Diagramm, das sich nur auf die für
Nutzer wesentlichen Informationen beschränkte:
ein klares, übersichtliches, farblich differenziertes Liniennetz aus Waagerechten, Senkrechten und
45°-Diagonalen, an denen die Stationen als Striche und Quadrate in regelmäßigen Abständen zueinander
markiert waren. Dieses Darstellungskonzept erwies
sich zudem als sehr platzsparend.
Vermutungen, Beck habe sich bei seiner Arbeit an abstrakten Künstlern orientiert, sind eher unwahrscheinlich. Dem technischen Zeichner werden mit Sicher-
heit die visuelle Organisation und Formensprache von elektrischen Schaltplänen
vertrauter gewesen sein.
Wie so viele bahnbrechende Neuerungen wurde auch
Becks Plan zunächst als den Fahrgästen "nicht zumutbar" abgelehnt. Aber 1933 wurden 500 Exemplare als Faltkarte versuchsweise
in den Stationen ausgelegt und vom Publikum begeistert aufgenommen. Wieder bei London Transport angestellt, kümmerte sich
Harry Beck noch 27 Jahre lang um die Optimierung des sich ständig ändernden Planes, der mittlerweile zum
weltweiten Standard für
die visuelle Darstellung von
Verkehrsnetzen geworden ist.


When Harry Beck (1903- 1974) made his first sketches in 1933 for the trailblazing
London Underground plan, the 29-year old was unemployed. Hired as a temporary draftsman at London
Transport, he had been fired because of the poor economic situation. At his own initiative he busied himself with the increasingly
complex representation of the everexpanding London Underground network.
Until then plans had been based on geographically exact representation of the train network. However,
rapid expansion into distant London suburbs forced the plans to take on impracticable dimensions. Beck
abandoned the classical
cartographic form. He developed a diagram which
limited itself to information essential for the user: a clearly laidout network with various train lines shown
in different colors and consisting of vertical, horizontal and 45 degree diagonal
lines on which the stations were shown as lines
and squares and at even
distance from one another.
This representational
concept also proved to save space. The suspicion that Beck was influenced by the work of abstract artists is unlikely. It is certain that the draftsman was more familiar with the visual organization and diagrams of electrical circuit plans. As true of many pioneering advances, it was initially believed
that Beck's plan would make unreasonable demands
on underground users. But in 1933, 500 copies of a cardfolder were experimentally laid out in the stations and were enthusiastically greeted by the public. Rehired by London Transport, for 27 years Harry Beck continued to improve the plan which underwent constant changes and which
in the meantime has become
a worldwide standard for
the visual representation of transport networks.
Die 1933 realisierte erste Posterversion des Londoner U-Bahn-Diagramms von Harry Beck sowie heutige Netzpläne der U-Bahnen
von Tokio, Moskau und die Darstellung der Bootslinien von Venedig.
The first poster version
of the London Underground network by Harry Beck
from 1933, as well as
presentday network
diagrams of underground systems of Tokyo, Moscow and the representation
of boatlines in Venice.


Gestaltung planen Planning Design

Informationen gestalten / Designing information

Kein Gestalter weiß wirklich, wie viele verschiedene Schrifttypen der Markt
für ihn bereit hält. Sicher
ist aber, dass die wenigsten
für eine funktionale Informationstypografie geeignet sind, da sie entweder ein
zu individuelles Schriftbild haben oder einfach formal nicht überzeugen. Das
nebenstehende Diagramm zeigt die Hitliste der von den Studenten eingesetzten Schriften in dieser Publikation.
Unangefochten steht Adrian Frutigers Linotype Univers, die er für die Digitalisierung optimiert und erweitert
hat, an der Spitze. Auch die Akzidenz-Grotesk, die
Paradeschrift der Blütezeit der Schweizer Typografie und bis heute noch keinem Schriftentwerfer definitiv zuzuordnen, ist in der Bearbeitung von Günter Gerhard Lange für die Berthold AG bei vielen Arbeiten die erste Wahl. Von den neueren Schriftentwürfen hat sich Martin Majoors Scala-
Familie etabliert, die mit einer Serif- und einer Sans Serif-Version ein breites Anwendungsspektrum
bietet.

No designer really knows how many different typefaces are on the market.
It is, however, certain that
only few are suited for functional information typography as they are either too idiosyncratic or simply unconvincing in terms of form. The opposite page shows the favorite typefaces used by students in this publication. Far ahead of all competitors, the list is
headed by Adrian Frutigers Linotype Univers as optimized for digitalization and extended. For many projects in this volume Akzidenz- Grotesk, showpiece of the golden age of Swiss typography and not attributable to any single type designer,
is the typeface of choice and applied in the version by Günter Gerhard Lange for Berthold AG. Of the newer type designs MartinMajoor's Scala family offers a wide spectrum with a serif and a sans serif version.
Gestaltung planen Planning Design

Die Gestaltung dieser Publikation basiert auf einem Rastersystem mit 10 Units von 16 mm im Quadrat
und 4 mm Zwischenschlag.
In der Höhe ergeben sich
13 Units. Die Schriftgröße beträgt 2 mm Versalhöhe, der Zeilenabstand ist 4 mm.
The design of this publication is based on a grid
system of 10 units of 16 mm squares spaced at 4 mm intervals. Grid height measures 13 units. Typesize
is 2 mm cap height, line spacing measures 4 mm.

Visuelle Gestaltung als
planerischer Vorgang ist die Organisation von Information auf einer Fläche. Diese Fläche kann ein Stück Papier sein, ein Hinweisschild,
ein Bildschirm, oder in der Addition können Flächen eine Raumsituation ergeben.
Das Anordnen unterschiedlichster visueller Elemente lässt sich nur bewerkstelligen, wenn sich die Gestalter Leitlinien schaffen, anhand derer sie präzise Zuordnungen und Abfolgen nach ihren Entwurfskonzepten organisieren können:
ein typografisches Rastersystem. Dieser Gestaltungsraster kann so angelegt
sein, dass er vielfältige Kombinationsmöglichkeiten zulässt oder streng auf eine spezifische Entwurfsidee ausgerichtet ist. Zurückzuführen ist die Vorgehensweise, Flächen durch
Zuhilfenahme eines Rastersystems optimal planbar
zu machen, auf Schweizer
Konstruktivisten und
Typografen wie z.B.Max Bill, Richard Paul Lohse und Josef Müller-Brockmann, denen diese Arbeitsweise von der Planung ihrer Kunst her vertraut war.
So entwickelte sich in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts dieses Organisationsprinzip, ohne das heute professionelles Arbeiten mit Typografie nicht
vorstellbar ist.
Damals zeichnete man die
Rasterblätter als Grundlage für Klebeumbrüche, aber auch um die Entwürfe den weiterverarbeitenden Schriftsetzern und Monteuren nachvollziehbar zu machen.
Heute lassen sich Rastersysteme mit dem Computer dank ausgereifter typo-
grafischer Software bis in kleinste Details mühelos
entwickeln und anwenden.
Ein Anachronismus sind jedoch noch die uneinheitlichen Maßangaben in Punkt
(für Schriftgrößen, Linienstärken und Durchschuss) und Millimeter (für Formatangaben und Bildgrößen). Wir haben einen Weg gefunden, Raster ausschließlich im metrischen Maßsystem aufzubauen, das
heißt, Spaltenbreiten, Zeilenabstände, exakte Versal-höhen der Schriften sowie Bildformate werden einheitlich in Millimetern errechnet und entwurfstechnisch umgesetzt. Alle in diesem Buch vorgestellten Arbeiten basieren auf Rastersystemen. Befürchtungen, dass gestalterische Freiheiten und kreative Prozesse durch
eine zu starke Reglementierung behindert werden könnten, wichen mit der Zeit der Erkenntnis, dass Rastersysteme einen Gewinn gestalterischer Kompetenz bedeuten, da mit ihrer Hilfe die kreativen Prozesse
planbar und beherrschbar werden.
As an organizational process visual design is the arrangement of information on a surface. This surface may be a piece of paper, a sign, a screen or, used in multiples, surfaces may give rise to
spatial arrangements. Composing greatly differing visual elements is only possible when the designer establishes guidelines according
to which elements can be
precisely classified and
subdivided: a typographical grid system. This grid can
be set up to allow multiple
possible combinations
or strictly implement a given concept. This process of making surfaces planable with the aid of a given grid system derives from Swiss constructivists and typographers such as Max Bill, Richard Paul Lohse and Josef Müller-Brockmann, who were familiar with
this method from planning their artwork. Thus this
organizational principle was developed in the 1950s, without which professional contemporary typography
is inconceivable. At that
time grid pages were drawn as the basis for dummy
layouts, but also to provide a guide for compositors and assemblers. Thanks to advanced typographic software, today highly detailed grid systems can easily be developed and used.
One anachronistic weakness remains: the disparate dimensions given in points
(for type size, line thickness and line spacing) and mm
(for format dimensions and illustration size). We have found a way to establish grids exclusively in the
metric system, i.e. column width, line spacing, exact upper case height as well as illustration formats are uniformly calculated in mm and are translated according to design requirements.
All the projects presented in this volume are based on grid systems. All fears that creative design and freedom might be handicapped
by harsh restrictions disappeared with time, once
it was recognized that grid systems increase creative competence as they help to make creative processes planable and controllable.
Rastersysteme Grid SystemsRastersysteme Grid SystemsRastersysteme Grid SystemsRastersysteme Grid SystemsRastersysteme Grid Systems
Einer der universellsten typografischen Raster setzt sich in der Breite aus zwölf Einheiten zusammen, den sogenannten Units.
Diese Units können quadratisch angelegt werden oder in ihrer Höhe am Zeilenabstand ausgerichtet querformatig sein. Die Anzahl
der Units in der Höhe errechnet sich aus der jeweiligen Formathöhe. Misst
ein Unit zum Beispiel
12 x 12 mm, ergeben sich bei einem Zeilenabstand
von 4 mm in der Höhe genau drei Zeilen einschließlich Durchschuss. Da auch der Abstand der Units untereinander, der Zwischenschlag, 4 mm beträgt, sind Raster und Typografie in einem idealen Einklang.
Einen Zwölferraster zeichnet seine Variabilität aus, man kann aus ihm zwei, drei, vier und sechs nutzbare Spaltenbreiten ableiten. Ein Unit als kleinste Einheit gibt natürlich keine Satz- oder Bildbreite vor, aber durch die Kleinteiligkeit des Systems ergeben sich vielfältige Anordnungsmöglichkeiten.
Vergleichbare Überlegungen lassen sich natürlich auch mit anderen Formaten, Rastereinteilungen, Versalhöhen und Zeilenabständen anstellen. Auf der Basis eines gut durchdachten Rasters lässt sich jede Konstellation von Bildern, Texten, Linien oder Flächen präzise bewerkstelligen. Diese Publikation basiert auf einem Rastersystem mit 10 Units von
16 x 16 mm in der Breite und 13 Units, die sich aus der Formathöhe ergeben.
Die verwendete Schrift ist die Linotype Univers 430
(regular) von Adrian Frutiger. Sie wurde in einer Versalhöhe (VH) von 2 mm in Quark XPress gesetzt,
das sind im Anzeigenfeld für die Schriftgröße 7,841 pt. Als Zeilenabstand wurden
4 mm eingegeben, das sind im Anzeigenfeld für den
Zeilenabstand (ZAB)
11,339 pt. In Quark XPress kann man den ZAB in
Millimetern eingeben, das
Programm rechnet den Wert exakt um und zeigt ihn in Punkt an. Für die Eingabe der VH in Millimetern
benötigt man eine Zusatzsoftware, da diese Werte aus den Postscriptbeschreibungen der Schriftfonts berechnet werden müssen.
Eine für Studenten geeignete VHXtension ist "Gerda", die aus dem Internet heruntergeladen werden kann. Professionelle Software,
wie etwa das sehr präzise
TypoPlus", mit dem man nicht nur Versalhöhen berechnen kann, sondern auch die Möglichkeit hat, alle Quark-Voreinstellungen auf Millimeter umzustellen oder Hilfslinien nummerisch zu platzieren, ist eine lohnende Investition in typografische Qualität.
One of the most universal typographic grid systems consists of twelfe units in width. A unit may be square
or, depending on the vertical line spacing, rectangular. The number of units from top to bottom depends
on the height of the format. E.g., if a unit measures
12 x 12 mm, with 4 mm vertical line spacing, exactly
3 lines result including line spaces. As the space between the single units also measures 4 mm, grid and typography are in ideal harmony. A grid based on
12 units is variable, column widths of 2, 3, 4 and 6 units are possible.
As the smallest entity, one single unit is not suitable for column or picture width,
but because the system can be subdivided, multiple arrangements are possible. Of course comparable
combinations are possible using other formats, grid divisions, upper case height and line spacing. A good grid permits every constellation of illustration, text, line and surface to be positioned precisely. This publication is based on a grid system of 10 units of 16 x
16 mm width and 13 units which results from the height of the format.
The typeface used is Linotype Univers 430 (regular) by Adrian Frutiger. It was set
at a cap height of 2 mm in Quark XPress, i.e. 7,841 pt typesize as indicated in the display. Line spacing was entered as 4 mm, i.e.
11,339 pt as indicated in the display. In Quark XPress line spacing can be entered in mm, the program transposes the values precisely and indicates it in points. Additional software is required to enter capheight in mm
as these values must be calculated from the postscript descriptions of the type fonts. "Gerda" is a cap height-Xtension suitable for students and can be downloaded from the internet. Highly precise professional software such as "TypoPlus" represents a worthwhile investment in typographic quality as not only cap height can be calculated but also all Quark presettings can be converted into mm; numerical placement of guide lines is also available.

Dieses ungewöhnliche
Rastersystem zitiert die
kartografische Darstellung
der Erdwölbung. Es wird
in einer Sachbuchreihe über große Seefahrer und Entdecker konsequent für
alle Text- und Bildelemente angewendet.
This unusual grid derives from the cartographic
representation of the earth's
curvature. It is consistently applied to all text and
illustrative elements in a documentary series about great seafarers and discoverers.

Eine professionelle Vorgehensweise bei der inhaltlichen und gestalterischen Planung umfangreicher Publikationen ist der Strukturplan. Er ermöglicht eine genaue Kontrolle der Layoutabläufe. Konzeptionelle Ungereimtheiten, spannungslose Seitenabfolgen oder häufige Wiederholungen können so früh erkannt und korrigiert werden.
A professional approach to contents and design aspects of voluminous publications requires a structural plan. This enables precise control of layout procedures.
Conceptual inconsistencies,
boring page sequences or frequent repetitions can
be identified and corrected quickly.
Selbstverständlich werden auch Piktogramme mit Hilfe von Rastern entworfen.
Bei den in der Regel sehr stark vereinfachten Formen kommt es jedoch dann zu Problemen, wenn Details
zur Unterscheidung formal ähnlicher Objekte unverzichtbar sind. Auf der Basis eines flexiblen Rastersystems können auch differenziertere Formen entwickelt werden, die sich dennoch auf ein einheitliches
Zeichensystem beziehen.
Schriften TypefacesSchriften TypefacesSchriften TypefacesSchriften Typefaces
Rastersysteme Grid SystemsRastersysteme Grid SystemsRastersysteme Grid Systems

It is selfevident that pictograms are also designed with the aid of a grid system. Problems often arise
when details are required
to distinguish similar
objects among the generally highly simplified forms.
A flexible grid system helps to design more highly
differentiated forms which, however, refer back to
a uniform symbol system.

Eine wichtige Vermittlerrolle in der Informationsgestaltung fällt der Zeichnung zu. Sie muss formal klar
und inhaltlich verständlich Problemstellungen und komplexe Sachverhalte visualisieren können. Diese Anforderungen werden heute natürlich computergestützt in Zeichenprogrammen
realisiert. Dabei ist die emotionslose Strichzeichnung zur Verdeutlichung und Erklärung nicht erst seit Otl Aicher zum Standard geworden. Wesentliches kann ohne formalen Ballast
herausgearbeitet und auf ideale Weise in ein typografisches Konzept integriert werden. Die klaren Farbmischungen aus dem CMYK-Modus tragen zur Versachlichung der Darstellungen bei.
Bei der Suche nach Übersetzungsmöglichkeiten ist
der Übergang von der klassischen Sachdarstellung
zu abstrahierenden Grafiken und Diagrammen fließend. Ausschlaggebend ist die
eindeutigste Form der zu vermittelnden Inhalte.
Ein qualifizierter Zeichenunterricht - lange keine Selbstverständlichkeit mehr im Design-Lehrbetrieb - erleichtert den Studenten den Einstieg in die Informationsgestaltung. Denn wer sich mit dem Zeichenstift verständlich machen kann, schafft es auch mit der Maus.
The drawing fulfills an important mediating role in information design.
It must be able to visualize difficult and complex relationships using clear forms. Today computeraided drawing programs fulfill these requirements. A sober line drawing has become the standard form for simplification and explanation, even before Otl Aicher. The message can be reduced to its essence unburdened by formal ballast and can ideally be integrated into a typographic concept. Clear color tints mixed from the CMYK system help to objectify the illustrations. The search for possible solutions is marked by a fluid transition from classical representation
to graphic and diagrammatic abstraction. The clearest form is the decisive one. Expert drawing instruction - a prerequisite for design studies almost abandoned - simplifies the students' entry into information design. If the student can communicate with a pencil, he can also do so with the mouse.
Sachliche Inhalte in klarer Linienführung: Dürers
Proportionsstudien von 1528, ein Maschinensetzer an seiner Linotype von
1940 und Otl Aichers
Darstellung der "Frankfurter Küche" von 1982.
Functional contents with linear clarity: Dürer's studies in proportion, 1528, a typesetter 1940 working at a linotype and Otl Aicher's representation of the
Frankfurt Kitchen" of 1982.